Berthold Beitz (German Edition) by Käppner Joachim

Berthold Beitz (German Edition) by Käppner Joachim

Author:Käppner, Joachim [Käppner, Joachim]
Language: deu
Format: epub
Tags: Biographie
Publisher: eBook Berlin Verlag
Published: 2010-12-07T23:00:00+00:00


»WIR SIND BESCHEIDEN«:

DIE KRUPP-KRISE 1967

Auf den Bundespressebällen in der Bonner Beethovenhalle ist Berthold Beitz in den sechziger Jahren ein gern gesehener Gast. Zwar ist dies die Generation, für die Tanzstunden noch wie selbstverständlich zur Erziehung gehörten und der das Herumhüpfen zu schweren Bässen als neue Unsitte einer fehlgeleiteten Jugend gilt. Dennoch ist das Bonner Establishment nicht gerade mit feurigen Tänzern gesegnet. Noch im Rückblick amüsiert sich die Schauspielerin Rena Liebenow, die gut mit dem Ehepaar Beitz befreundet ist: »Berthold hat es verstanden, mit den Damen über die Tanzfläche zu schweben und sie dabei noch gut aussehen zu lassen. Und die Frauen liebten das – es war ja selten genug.« Die Klatschreporter sehen das Wirken des Generalbevollmächtigten auf dem Parkett ebenso: »Unbestrittener Star unter den Tänzern war Berthold Beitz. Nur mit Mühe vermochten Vizekanzler Mende und Bundesaußenminister Dr. Schröder seinem Beispiel zu folgen, von den ›gewichtigeren‹ Kabinettsmitgliedern ganz zu schweigen.« So schwärmt selbst die siebzigjährige Wilhelmine Lübke über den Mann, den die Boulevardzeitungen als »Deutschlands attraktivsten Manager« rühmen und den der sowjetische Dichter Jewgeni Jewtuschenko gar »den schönsten Kapitalisten, den ich je sah« nennt. Nachdem Beitz die Gattin des Bundespräsidenten zum Klang von »Eine Nacht voller Seligkeit« auf die Tanzfläche bat, gesteht sie den Klatschreportern: »Ach, von ihm lasse ich mich gern führen.« Und augenzwinkernd fügt die füllige Matrone hinzu »… oder auch verführen.«

Nach dem Presseball im November 1965 ist Berthold Beitz, untadelig gekleidet wie stets, wieder in allen Zeitungen zu sehen. Diesmal allerdings weniger in seiner Rolle als Beau aus dem Reich der Kohle und des Stahls. Beitz braucht eine Münze für die Tombola, und er leiht sich zur Freude der Fotografen ein 50-Pfennig-Stück bei Finanzminister Rolf Dahlgrün: »Männer, die ständig mit Milliardenwerten umgehen, können bei Kleingeld manchmal in Verlegenheit kommen«, witzelt die Stuttgarter Zeitung.

Eine Szene voll unfreiwilliger Symbolik. Beitz’ Verführungskünste auf dem Bonner Parkett verlieren rasch ihren Zauber. Denn schon bald steht Ungemach ins Haus, bei dem es um viel mehr als um Kleingeld geht, nämlich um die schiere Existenz von Krupp. 1966 ereilt die Krise das Unternehmen, schneller und härter, als es Beitz je für möglich gehalten hätte. Obendrein besitzt die Firma, immer noch ausschließlich in der Hand Alfried Krupps, »die Rechtsform eines Tante-Emma-Ladens« (so der Historiker Werner Abelshauser). Schon deshalb bietet sich Krupp als ideales Ziel für Wirtschaftsminister Karl Schiller an – als Sozialdemokrat kann er es den Kapitalisten am Exempel von Deutschlands größtem Privatunternehmen einmal zeigen, zumal es günstigerweise keinen Aufsichtsrat gibt, in dem verdiente Genossen sitzen würden. Und schließlich gereicht es Krupp zum Nachteil, dass die Firma, anders als ein Aktienunternehmen, ihre Bilanzen nicht offenlegen muss: Was im Konzern vorgeht, erscheint von außen betrachtet nebulös. Das erklärt zumindest teilweise das spätere Verhalten der Banken.

Auch Beitz selbst bekommt den Sturmwind zu spüren. Der Spiegel schreibt: »Wie Ratten aus den Löchern krochen nun die Neider aus der Deckung und fielen über Krupps Hausmeier her. Denn so inbrünstig wie niemand sonst sind die Deutschen fähig zur Schadenfreude.« Diese Rolle ist neu für Beitz, den Sieggewohnten. »Das war ein



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